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Exkursion der achten Klassen in das Bayerische Arm... eingestellt am: 21.05.2007

Die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts.......

Im Schuljahr 2007 besuchten alle achten Klassen gemeinsam das Armeemuseum Ingolstadt, um den 1. Weltkrieg anhand musealer Exponate historisch aufzuarbeiten.

Schon im Vorfeld wurden bei den Schülern vom Geschichtslehrer Herrn Schneider die Grundlagen der besonderen historischen Problematik und die innenpolitische Situation des Deutschen Kaiserreichs behandelt

Die historische Relevanz

Der Weltkrieg von 1914-1918 wurde von den Schülern als wohl eine der prägendsten Erfahrungen dieses Jahrhunderts, vielleicht sogar die entscheidende Prägung gesehen. Obwohl bereits ein Dreiviertel Jahrhundert vergangen ist und zahlreiche Veröffentlichungen darüber erschienen sind, mussten sie schon im Rahmen der Vorbereitung feststellen, dass dieser Krieg noch immer nicht restlos bewältigt" ist.

Dies mag man vielleicht aus der Tatsache ersehen, dass hier im verstärkten Maße gilt, was für alle großen geschichtlichen Problemfelder festzustellen ist: Jede Generation beschäftigt sich erneut mit der Geschichte des 1. Weltkriegs und sie tut dies im Lichte der alten Erkenntnisse und neuer Erfahrungen und der aus der eigenen Lebenswelt gewonnenen theoretischen Ansätze".

Mit diesem historischen Ansatz wurden die Schüler mit der Dauerausstellung des Armeemuseums Ingolstadt konfrontiert. Es war spannend zu sehen wie die junge Schülergeneration mit den im Museum sehr plastisch dargestellten Exponaten umgehen würden.

Das Bayerische Armeemuseum

Das Bayerische Armeemuseum Ingolstadt präsentiert mit seiner 1994 im Reduit Tilly eröffneten Abteilung Der Erste Weltkrieg" einen deutschlandweit einmaligen Überblick über diesen ersten modernen" Krieg des 20. Jahrhunderts, dessen Vernichtungskraft eine bis dahin unvorstellbare Dimension erreichte. In 33 Räumen werden Vorgeschichte, Verlauf und Ergebnisse der Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts" aufgezeigt.

Die Schüler waren schon durch das Gebäude, einer ehemaligen Festung, stark beeindruckt. Auch die auf über 1200m² Fläche aufgebaute Ausstellung, die unterschiedliche Aspekte des Themas 1. Weltkrieg, mit Hilfe verschiedener Objekte, Bild- und Textdokumente, sowie Videoeinspielungen und Inszenierungen anschaulich darstellt, löste Staunen und Entsetzen aus. In ihrem Reichtum an Aspekten gewährt die Dauerausstellung zudem die Möglichkeit, verschiedene thematische Schwerpunkte zu setzen. Ihre Fülle an Exponaten ermöglicht den vom MPZ gestellten Führern darüber hinaus eine Diskussion über den Stellenwert musealer Objekte in der Geschichtsvermittlung und eröffnet nicht zuletzt auch zahlreiche kritische Ansatzpunkte für eine fächerübergreifende Behandlung des Themas Krieg".

Die Schüler konnten sich in verschiedenen inhaltlich gegliederten Räumen über alle relevanten Themenbereiche vom Kriegsausbruch und der anfänglichen Kriegsbegeisterung über die erschütternde Realität der Materialschlachten und die Not der Bevölkerung an der Heimatfront" bis hin zur Beendigung des Blutvergießens und zur Unterzeichnung des Friedensvertrages von Versailles informieren.

Im Rahmen der chronologischen Abfolge der Darstellung wurden dabei immer wieder auch Sonderthemen aufgegriffen, die sich beispielsweise mit der Situation des Menschen im Krieg, mit dem Leben in der Etappe oder mit dem Schicksal der Millionenheere der verwundeten und gefangenen Soldaten befassten. Ihrer Bedeutung für den Kriegsverlauf gemäß fanden in der Ausstellung des Weiteren die Entwicklung und der Einsatz modernster Kriegstechnik Behandlung.

Die strategische Planung

Die Schüler befassten sich u.a. mit den strategischen Planungen der deutschen Kriegsführung. Diese gingen von einem Zweifrontenkrieg gegen Frankreich und Russland aus und basierten auf dem Schlieffen-Plan. Die Planungen sahen eine schnelle militärische Entscheidung an der Westfront durch einen massierten Angriff und die Umfassung des französischen Heeres vor; danach sollten die zunächst an der Ostfront defensiv operierenden Truppen verstärkt werden und eine Entscheidung gegen Russland erzwingen. Durch die Konzentrierung der Truppen an jeweils einer Front sollte zugleich die zahlenmäßige Unterlegenheit der beiden Mittelmächte Deutschland und Österreich-Ungarn gegenüber den Staaten der Entente ausgeglichen werden. Die Schüler konnten die Waaghalsigkeit dieser militärischen Manöver deutlich erkennen und waren von der Darstellung des Alltags der einfachen Soldaten und der Zivilbevölkerung ergriffen.

Der Angriff

Besonders eindrucksvoll waren für die Schüler die Darstellung des Krieges und seines Verlaufs. Die Kriegshandlungen begannen am 2. August 1914 ohne offizielle Kriegserklärung mit der Besetzung Luxemburgs durch deutsche Truppen. Anschließend rückte der rechte Flügel der deutschen Armee am 3./4. August in das neutrale Belgien ein. Trotz des unerwartet starken Widerstands wurde die Festung Lüttich genommen. Gemäß des ebenfalls offensiv ausgerichteten französischen Aufmarschplans konzentrierten die Franzosen ihre Angriffe auf Elsass-Lothringen. In der Schlacht bei Mülhausen (19. August) sowie in den Schlachten in den Vogesen und in Lothringen (20. bis 22. August) wurden die ersten Offensiven der französischen Armeen abgewehrt.

In den großen Grenzschlachten kam die französische Offensive zum Erliegen. Die deutschen Armeen erzielten wichtige Durchbrüche. Die große Offensive der fünf deutschen Armeen hatte am 18. August begonnen und verlief weitestgehend planmäßig. Trotz erheblicher Verluste in den verschiedenen Gefechten erreichten die deutschen Truppen am 30. August die Marne. Angesichts der wenig später nur noch 60 Kilometer vor Paris stehenden Spitzen der 1. deutschen Armee floh die französische Regierung am 3. September aus dem bedrohten Paris nach Bordeaux. Vor Paris bildete der französische Befehlshaber Joseph Joffre eilends eine neue Armee und befahl den Gegenangriff auf der ganzen Linie zwischen Paris und Verdun. In dieser Schlacht an der Marne (5. bis 12. September) machte sich der Kräfteverschleiß der deutschen Offensive bemerkbar. Zudem mangelte es an den nötigen Reserven. Der deutsche Generalstabschef Helmuth von Moltke beurteilte die Lage seiner Truppen überaus skeptisch und gab den Befehl zum Rückzug. Damit war die Dynamik der deutschen Offensive gebrochen, der Schlieffen-Plan war gescheitert.

Der Stellungskrieg

Die Schüler erkannten das militärische Dilemma, mit dem die deutsche Heeresleitung konfrontiert wurde. Eine offensive Kriegsführung war bei dem vorherrschenden militärischem Gleichgewicht nicht mehr möglich. Auch in den folgenden Jahren konnten die deutschen Truppen keine militärische Entscheidung bringen, obwohl der verbissen geführte Kampf die Zahl der Gefallenen in die Millionen trieb. Die mit immer stärkerem Artilleriefeuer geführten Schlachten machten ganze Landstriche zu unbelebten, unwirtlichen Kraterlandschaften. Dies konnten die Schüler in den begehbaren Nachbauten eines Artillerie-Unterstandes und eines Schützengrabens emotional erleben. Die beklemmende Situation des verlustreichen Stellungskrieges, hier aufgezeigt unter anderem an der Somme-Schlacht und am Kampf um die Festung Verdun, wurde durch die mehr als unheimliche düstere Stimmung im Museum nachvollziehbar gemacht.

Der Zusammenbruch

Nach der Zusammenfassung aller verfügbaren Kräfte für den Entscheidungskampf im Westen verfügten die 200 deutschen Divisionen in Frankreich über 3,5 Millionen Soldaten und waren damit der französisch-englischen Streitmacht numerisch nahezu ebenbürtig. Am 21. März begann mit massiver Artillerie- und Fliegerunterstützung die deutsche Großoffensive in der Picardie mit mehr als 70 Divisionen auf einer Breite von 70 Kilometern. Ziel der Offensive war die Trennung der englischen Truppen von ihren französischen Verbündeten und deren Zurückdrängung bis an den Kanal. Nach erfolgreichen Durchbrüchen von 60 Kilometern Tiefe waren zwei der drei deutschen Armeen nach einer Woche so erschöpft, dass sie trotz der Gefangennahme von 90.000 Engländern die Schließung der gegnerischen Front nicht verhindern konnten. Auf deutscher Seite fehlten nicht nur frische Reservetruppen, sondern auch eine Motorisierung und eine Panzerwaffe.

Auch die zweite deutsche Offensive südlich von Ypern (9. bis 29. April) brachte einen großen Geländegewinn. Doch wiederum konnte der anfängliche Erfolg wegen fehlender Reserven nicht operativ genutzt werden. In der dritten Offensive zwischen Soissons und Reims (27. Mai bis 3. Juni) wurde der Chemin des Dames gestürmt. Die deutschen Truppen konnten über die Aisne bis an die Marne vordringen, bevor den Franzosen die Stabilisierung ihrer Front gelang. Auch die vierte und fünfte Offensive der Deutschen scheiterten und brachen schon kurz nach ihren äußerst geringen Anfangserfolgen zusammen.

Die alliierte Gegenoffensive (18. Juli bis 3. August) zwischen Reims und Soissons wurde infolge des Eintreffens der Amerikaner mit deutlichem Übergewicht an Truppen und Material gegen die erschöpften Deutschen geführt, denen nur noch der Rückzug blieb.

Das Ende kam mit der Schlacht bei Amiens (8. bis 11. August). Hier setzten die Alliierten 450 Tanks ein, mit denen ihnen am 8. August ein so tiefer Durchbruch gelang, dass Ludendorff vom schwarzen Tag des deutschen Heeres" sprach. Die deutsche Widerstandskraft war gebrochen.

Unter pausenlosen Angriffen der Alliierten wurden die deutschen Truppen Anfang September in ihre Ausgangsstellungen zurückverlegt. Ohne über eigene Tanks zu verfügen, war an eine weitere deutsche Offensive nicht zu denken. Gewinnen konnten die Mittelmächte den Krieg nicht mehr. Aber sie hielten ihre Stellungen bis November gegen einen immer stärker werdenden Gegner. Am 11. November fand die Unterzeichnung des Waffenstillstands statt. Noch am selben Tag schwiegen die Waffen.

Alltag und Leid

Besonders beeindruckt waren die Schüler von der Darstellung des Alltages und des erduldeten Leids, dem die Soldaten ausgesetzt waren. Der blutige Krieg hatte über zehn Millionen Menschenleben und zahllose Verwundete gefordert, die nach dem Krieg zum Teil ohne jegliche finanzielle Unterstützung aus dem Militärdienst entlassen wurden. Dieses Heer der Verwundeten" belastete dann die Politik der Weimarer Republik.

Ergebnis

Die Schüler erkannten nach dem Museumsbesuch die ungeheuren Auswirkungen des Ersten Weltkrieges auf die Politik, die bis in die moderne Zeitgeschichte ausstrahlt. So formulierten die Schüler die Erkenntnis, dass die ungeheuren Auswirkungen dieses Großen Krieges" immer wieder aufs neue die Beschäftigung mit einem Ereignis rechtfertigt, das direkt oder indirekt fast die gesamte Menschheit in unterschiedlicher Weise in Mitleidenschaft gezogen oder sogar verändert hat. Das erduldete Leid einer ganzen Generation wird den Schülern sicherlich ziemlich lang im Gedächtnis bleiben. So konnte durch den Geschichtsunterricht ein wichtiger Beitrag zur Friedenserziehung geleistet werden.


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