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Unterrichtsgang der 9. Klassen ins KZ Mauthausen

eingestellt am: 02.05.2007

Es waren Menschen...

"Wenn etwas die Menschheit retten kann, dann ist es die Erinnerung" hat Elie Wiesel vor zehn Jahren in Auschwitz gemeint und hinzugefügt: "Die Erinnerung an das Böse soll uns als Schutzschild gegen das Böse dienen".

Getreu diesem pädagogischen Ansatz, besuchten die 9. Klassen der Staatlichen Wirtschaftsschule Deggendorf am Freitag den 20.04.2007 im Rahmen des Geschichtsunterrichts die KZ-Gedenkstätte Mauthausen.

In diesem Konzentrationslager und seinen heute bekannten 49 Nebenlagern wurden bis 1945 etwa 200.000 Personen deportiert. Unter ihnen befanden sich über 30 Nationalitäten. Etwa 2.5% der Lagerinsassen waren Frauen. Schätzungen gehen von etwa 100.000 Menschen aus, die in diesem Konzentrationslager, sei es durch Exekution oder durch planmäßige Minderversorgung bei gleichzeitiger Schwerstarbeit, ermordet wurden.

Die Anfänge

Der Anfang des Konzentrationslagers war die Einrichtung einer GmbH. Am 29. April wurde in Berlin die "Deutsche Erd- und Steinwerke GmbH" (DEST) gegründet, sie waren ein Betrieb der SS. Ihr Ziel war es, die völlig überdimensionierten Führerbauvorhaben umzusetzen. Dazu wurde Granitstein und Arbeitskräfte benötigt. Von Anfang an griff die DEST auf billige Arbeitskräfte aus den Konzentrationslagern zurück. Die benötigten Steine kamen aus der Inbetriebnahme der Steinbrüche bei Flossenbürg, Gusen und Mauthausen. Die Ortswahl Mauthausen bewirkte auch noch die räumliche Nähe von Linz, welches Hitler zu einer "Führerstadt" umgestalten wollte.

Die ersten Häftlinge trafen am 8. August 1938 aus Dachau in Mauthausen ein. Begleitet wurden sie von 80 Angehörigen des Dachauer SS Totenkopfverbandes. Diese bildeten den Grundstock der SS Bewachungseinheiten in Mauthausen.

Anfangs bestand das Lager aus vier Baracken, es musste jedoch schnell vergrößert werden. 1939 wurde ein weiterer Ausbau des KZ verfügt, bei dem die heute noch existierenden 2,5 Meter hohe Umfassungsmauern mit einer Länge von 1.668 Metern und die Wachtürme errichtet wurden. Die Gesamtfläche der Lager I, II und III betrug, mit dem Appellplatz zusammen etwa 25.00 Quadratmeter. Gesichert wurde das Areal durch einen doppelten Stacheldrahtzaun, der mit Starkstrom geladen war. Im Dezember 1938 waren in Mauthausen schon knapp 1000 Häftlinge interniert,

Vernichtung durch Arbeit

Das Konzentrationslager Mauthausen wandelte sich in den nächsten Jahren zu einem der gefürchtetsten Lager im gesamten KZ System. Dazu trug auch die Einstufung des KZ Mauthausen als einziges Lager der Stufe III bei. Die Deportation nach Mauthausen bedeutete so für viele Häftlinge die Ankunft in einem Todeslager, da ihr Häftlingsakt den Vermerk RU (Rückkehr unerwünscht) trug. Die Häftlinge wurden so vom Nationalsozialistischen System als Todeskandidaten kategorisiert und ihre Arbeitskraft bis zur Erschöpfung ausgenutzt. Gnade oder Rücksicht gab es nicht.

Aber auch für alle andere Häftlinge bestanden nur wenig Überlebenschancen. Schwerstarbeit, Misshandelungen, eine ständige Unterversorgung an Lebensmitteln und katastrophale Hygienemaßnahmen führte zu einer durchschnittlichen Lebenserwartung von etwa sechs Monaten.

Häftlinge die nicht den Bedingungen des Lagers oder den Exekutionen zum Opfer fielen, wurden von SS Ärzten im Rahmen von medizinischen Versuchen mit Injektionen (Phenol, Benzin, Luft) ermordet.

Im Herbst 1941 wurde mit dem Bau einer Gaskammer begonnen, die für die Ermordung kranker und arbeitsunfähiger Häftlinge benutzt wurde. Zusätzlich wurde ab dem Frühjahr 1942 ein Gaswagen für die Vernichtung eingesetzt. Im hermetisch abgeschlossenen Aufbau des Lastwagens wurde die Häftlinge während der Fahrt mit eingeleitetem Kohlenmonoxid erstickt.

Alltag

Der Tagesablauf in einem Konzentrationslager bestand aus Arbeit und Strafen. Der Arbeitstag betrug elf Stunden und begann im Sommer um 4.45 Uhr, im Winter um 5.15 Uhr. Die Arbeit war hart und gefährlich. Die Häftlinge mussten die aus dem Fels geschlagenen Granitblöcke die sogenannte "Todesstiege", eine Steintreppe, die den Steinbruch mit dem eigentlichen Konzentrationslager Mauthausen verband, die insgesamt 186 Stufen hochschleppen. Dabei rutschten zahlreiche Häftlinge aus oder stolperten vor Entkräftung und wurden so in die Tiefe gerissen.

Die Ernährung war mehr als unzureichend. Die Verpflegung hatte einen durchschnittlichen Brennwert von 1450 Kalorien. Die harte und beschwehrliche Arbeit hätte jedoch einen Kalorienwert von 4500 benötigt. Ein schnelles Verhungern der Häftlinge war die Folge.

Die offiziellen Strafmaßnahmen im KLM bestanden aus Ordnungsstrafen (Essensentzug, Strafarbeit), Arreststrafen, Dunkelarrest und körperliche Züchtigung.

Der Alltag in den Konzentrationslagern war so ausgelegt, dass die Häftlinge systematisch physisch und psychisch zerstört wurden. Es wurden ihnen jede menschliche Würde geraubt. Die Häftlinge hatten keinerlei Rechte mehr und mussten sich den Befehlen der SS bedingungslos unterordnen.

 

Rüstungsindustrie

Da durch den fortschreitenden 2. Weltkrieg und den damit verbundenen immer größer werdenden Verlusten der deutschen Wehrmacht an Menschen und Material immer mehr Arbeitskräfte in der Rüstungsindustrie benötigt wurden, veränderte die SS die Aufgaben der KZ Häftlinge. Sie dienten nun zunehmend als Reservoire an Arbeitsklaven. Dieser Funktionswandel fand in Mauthausen etwa ab Frühjahr 1942 statt. Trotzdem wurden in diesem Konzentrationslager nur ca. 8 % der Häftlinge in der Rüstungsindustie eingesetzt. Diese Nebenlager wurden nach kriegswirtschaftlichen, ressourcen- und verkehrstechnischen Gesichtspunkten angelegt.

Der große Rest der Häftlinge blieb in den Steinbrüchen von Mauthausen und Gusen. Die Anzahl der Häftlinge steigerte sich bin Ende 1943 auf ungefähr 25000 Gefangene. Das KZ entwickelte sich in dieser Phase zu einem Verwaltungs- und Verteilerzentrum für Häftlinge, die in den verschiedenen Betrieben zur Zwangsarbeit eingesetzt wurden.

Durch die schlechte Quellenlage bedingt, ist es heute nicht mehr möglich, die genaue Anzahl von Verstorbenen, Ermordeten und Überstellten zu bestimmen.

 

Massensterben am Ende

Der vermehrte Häftlingseinsatz bei den Rüstungsanstrengungen des Dritten Reiches und die durch den militärischen Rückzug im Osten bedingte Evakuierung der Lager im Osten, führten zu einem enormen Anwachsen der Belegstärke des Konzentrationslagers Mauthausen. Mauthausen wurde vollkommen überfüllt. Die schlechten Lebensbedingungen wandelten sich in ein katastrophales Chaos. Immer mehr Züge mit ausgehungerten Häftlingen, die vor strapaziösen Transporten oft noch wochenlange Fußmärsche zu den intakten Eisenbahnlinien absolvieren mussten, trafen im Bahnhof Mauthausen ein.

Es musste im Herbst 1944 ein Zeltlager errichtet werden, in das 10000 Menschen gepfercht wurden. Die unübersehbare Anzahl an kranken Häftlingen führte zum Ausbruch von mehreren Epidemien. Die Leichen konnten im Krematorium nicht mehr verbrannt werden, auch wenn versucht wurde, bis zu acht Leichen in einem Verbrennungsvorgang einzuäschern. Das Lager wurde mit hunderten von Leichen übersät, die zu großen Haufen geschlichtet wurden.

Befreiung

Am 5. Mai 1945 wurde das Konzentrationslager durch vorrückende amerikanische Truppen befreit. Noch bevor sich die SS Bewachungseinheiten aus dem Lager entfernten, wurden die meisten Geheimnisträger (Krematoriumshäftlinge, Schreiber) als Mitwisser der Massenmorde exekutiert. Die SS vernichtete alle Akten und montierte die Gaskammer ab.

Zu Beginn der Befreiung kam es in Mauthausen zu Plünderungen von Lebensmitteln und Kleidern, bis die Amerikaner die Versorgung der entkräfteten Häftlinge übernahmen. Trotz Bemühungen der amerikanischen Sanitätseinheiten, verstarben nach der Befreiung noch Tausende von den ca. 20000 schwerkranken Häftlingen.

Nachkriegszeit

Gleich nach der Befreiung des Lagers begann auch der Raubbau an dem Konzentrationslager. Von den Befreiern und den Häftlingen wurden Anlagen und technische Einrichtungen des KLM an die Bevölkerung verkauft, um sich auf diese Weise für die Haft zu entschädigen. So wurde der große Steinbrecher an einen niederösterreichischen Steinbruch verkauft. 1945/46 folgten Plünderungen und die Niederbrennung des Kranken- und Zeltlagers des Konzentrationslagers durch US-Truppen, um einer Ausbreitung von Seuchen entgegenzuwirken. Ab Herbst 1948 wurde mit einer Ausgestaltung der Gedenkstätte durch das Bundesdenkmalamt (BDA) begonnen.

Schüler und die Gedenkstätte

Die Schüler waren tief erschüttert und beeindruckt von dem eindrucksvollen Lagerkomplex. Den Beauftragten der Gedenkstätte gelang es höchst anschaulich die historischen Fakten der Gedenkstätte und das Leben der Häftlingen in dem Konzentrationslager darzustellen. Wieder einmal zeigte es sich, dass die Erinnerung nirgendwo beklemmender und eindrucksvoller als am historischen Ort, als an den Plätzen, an denen sich das abspielte, was die Erinnerung prägt und die Gedanken bestimmt. Denn Geschichte ist nicht nur abgestorbene Vergangenheit, sondern spürbar in unsere Gegenwart hineinwirkende Herausforderung!

Von Christoph Schneider, LAss


Zusätzliche Fotostrecke zum Archiveintrag:
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Das Tor des Leidens


Beeindruckt hören die Schüler den Ausführungen zu


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