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"Schule aus, wir gehen nach Haus" oder Deutschunte...

eingestellt am: 08.03.2007
Ein Besuch im Münchner Volkstheater: "Der Brandner Kasper und das ewige Leben" Statt Skifahren in den Ferien ins Theater: Unter diesem Motto machten sich 26 Schülerinnen und Schüler der Staatlichen Wirtschaftsschule Deggendorf gemeinsam mit ihrem Deutschlehrer Christoph Schneider auf dem Weg in die bayerische Landeshauptstadt, um sich im Münchner Volkstheater mit dem Gevatter Tod und dem bayerischen Himmel (dort gibt es Weißwürste, Bier und keine Preußen) zu konfrontieren. Die neu inszenierte Komödie "Der Brandner Kaspar und das ewige Leben" mit dem Shooting-Star Maximilian Brückner stand an diesem Aschermittwochabend auf dem Stundenplan. Das Stück: "Der Brandner Kaspar" ist mittlerweile ein bayerisches Kultstück. Im Jahr 1975 erlebte der "Brandner Kaspar" in der Fassung von Kurt Wilhelm seine Uraufführung. Anfangs wurde das Stück vom Bayerischen Staatsschauspiel aufgeführt. Dort rechnete man mit höchstens 50 Wiederholungen. Doch es kam anders: Längst bricht das Stück alle Hausrekorde des Bayrischen Staatsschauspiels. Unzählige Bühnen haben den "Brandner Kaspar" inzwischen nachgespielt, das Drama erschien auch als Roman und als Hörspiel und das Bayerische Fernsehen strahlt die Aufzeichnung des Bühnenstücks regelmäßig aus. Angefangen hat diese Erfolgsstory mit einer kleinen, fast schon unscheinbaren Erzählung Franz von Kobells, die 1871 erschien. Die "Gschicht vom Brandner Kaspar" ist in bayrischer Sprache geschrieben und spielt im Tegernseer Land. Da Kobell selbst ein leidenschaftlicher Jäger war, legte er die Handlung ins Wilderer-Milieu - ein damals beliebtes Genre. Die Geschichte: "Der Brandner Kaspar ist ein Schlitzohr. So schlitzohrig ist er, dass er sogar den Tod über den Tisch zieht. Der "Boandlkramer" erhält nun von der "Heiligkeit" einen neuen Auftrag. Er soll den Brandner Kaspar im 72. Lebensjahr abholen und ins Jenseits begleiten. Der Brandner hingegen fühlt sich noch "gesund wie ein Fisch im Wasser" und überlistet den Tod durch den unlauteren Einsatz von Kerschgeist. Als der Tod, der zwar an Spirituelles, aber nicht an Spirituosen gewöhnt ist, nicht mehr Rechts und Links unterscheiden kann, schwindelt der schlitzohrige Alte bei einem Kartenspiel. Der Tod muss ihm weitere 18 Lebensjahre zugestehen. Allerdings ziehen an seinem 75. Geburtstag schwarze Unheilswolken auf. Brandners heißgeliebte Enkelin Marei ist verzweifelt. Sie liebt den Wilderer Florian, der an diesem Tag unbedingt eine Gams schießen will. Als sie erfährt, dass ihn der eifersüchtige Jäger Simmerl verfolgt, will sie Florian warnen und stürzt selbst in den Bergen ab. Viel zu früh kommt die Marei deshalb im bayerischen Himmel an. Das Chaos nimmt seinen Lauf. Der Portner Petrus stellt beim Chek seiner Liste fest, dass des Brandner Kaspars Zeit schon längst abgelaufen ist. Warum aber ist der jedoch noch nicht geholt worden? Der Portner duldet keine Abweichungen im göttlichen Schicksalsverlauf! Der Tod hingegen, eine grundehrliche Haut, steckt in der Klemme. Himmel! Er kann doch nicht sein einmal gegebenes Wort brechen? Was wäre dann in dieser Welt noch "todsicher"? Völlig verzweifelt macht er sich auf, den Kaspar zu suchen, um ihn zu überzeugen, dass man sich mit einem Umzug immer verbessern kann. Er lässt ihn für eine Stunde die Freuden des Jenseits vorkosten. Der Kaspar ist überwältigt von der Schönheit im Himmel und will dableiben. Aber erst muss das Hohe Gericht über seine zahlreichen schweren Sünden urteilen. Wie soll jedoch ein Mann in das Paradies Einzug erfahren, der den Tod ein Schnippchen geschlagen hat... Die Inszenierung: Den Darstellern war der tosende Applaus des völlig ausverkauften Münchner Volkstheaters sicher. Die herausragende schauspielerische Leistung Maximilian Brückners, Absolvent der Otto von Falckenberg Schule und seit kurzem auch Tatort-Kommissar, als "Boandlkramers" begeisterte alle Schülerinnen und Schüler. Sie konnten sich der Faszination des Stückes nicht entziehen, das Kurt Wilhelm einmal so erklärte: "Es liegt wohl daran, dass in unserer Zeit mit ihren Glaubensverlusten hier eine konkrete Vorstellung vom Himmel gegeben wird - eine freundliche, volksstückhafte noch dazu. Für viele Menschen ist das ein Trost, eine Erleichterung für die Fahrt ins Jenseits. Es ist verbürgt, dass schon Sterbende darum gebeten haben, die Inszenierung per Tonträger oder Video noch einmal zu erleben. Es geht wirklich fast ins Mythische." Um diese Erkenntnis reicher und die Erfahrung eines gelungenen Theaterabends machten sich die Klasse 9 b der Staatlichen Wirtschaftsschule auf den Heimweg. Theater muss man auf der Bühne erleben. Daher war diese "Deutschstunde" mitten in den Ferien vielleicht effektiver als jede noch so gut vorbereitete Dramenlektüre.
Zusätzliche Fotostrecke zum Archiveintrag:
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