Archiv 2006-2014

2005/2006  | 2006/2007  | 2007/2008  | 2008/2009  | 2009/2010  | 2010/2011  | 2011/2012  | 2012/2013  | 2013/2014  | 2014/2015  | Alle

Ein Theaterabend in Regensburg

eingestellt am: 22.12.2008

Die Abschlussklassen der Staatlichen Wirtschaftsschule besuchten am 18. d. M. eine Vorstellung des Stadttheaters Regensburg am Haidplatz. Das zum klassischen Repertoire gehörende Ehedrama "Nora - oder Ein Puppenheim" von Henrik Ibsen stand auf dem Programm. In Szene gesetzt wurde ein in heutiger Zeit durchaus üblich gewordener Konfliktstoff. Eine scheinbar glückliche Ehe gerät aus den Fugen, weil die Ehefrau beschließt, sich der Willkür des Mannes zu entziehen, nicht ohne vorher sich im Klaren darüber geworden zu sein, dass die Ehegemeinschaft auf tönernen Füßen errichtet worden war. Was heute beinahe trivial wirkt, die einseitige Trennung vom Ehemann, erregte im 19. Jahrhundert großes Aufsehen. Die Uraufführung fand 1879 im königlichen Theater von Kopenhagen statt. Ibsens Schauspiel in drei Akten hatte eine nachhaltige Wirkung, es wurde an zahlreichen Häusern Europas gespielt, wenngleich es meist bei den Männern der patriarchalisch geordneten bürgerlichen Eliten Europas auf Ablehnung stieß.

Die Handlung ist schnell erzählt: Nora und ihr Gatte Helmer, mit dem sie drei Kinder hat, stehen kurz vor dem lang ersehnten gesellschaftlichen Durchbruch. Helmer soll eine führende Position in der ansässigen Bank erhalten. Ohne sein Wissen hatte Nora in der Vergangenheit "heimlich Geld beschafft, als er schwer krank war und sein Leben von einem teuren Aufenthalt im Süden abhing. Deshalb hat(te) sie auf einem Schuldschein die Unterschrift ihres sterbenden Vaters gefälscht. Durch anstrengende Nebenarbeit, von der Helmer nichts ahnte, konnte Nora die Schuldsumme inzwischen bis auf einen kleinen Rest zurückzahlen. Als Helmer zum Bankdirektor avanciert, wird er der Vorgesetzte von Noras Gläubiger, dem verkommenen Advokaten Krogstad, den er wegen eines vor Jahren begangenen Deliktes kündigen will. Krogstad nutzt die Verfehlung Noras, um sie zu erpressen: Sie soll ihren Mann bewegen, ihn nicht aus seiner Stellung bei der Bank zu entlassen.


Nora aber bittet Helmer vergeblich. Sie sieht keine Möglichkeit, sich ihrem Mann offen anzuvertrauen. Während sie in auswegloser Verzweiflung an Selbstmord denkt, macht Krogstad seine Drohung wahr und informiert Helmer über Noras Unterschriftsfälschung. Helmer verurteilt seine Frau gnadenlos und beschimpft sie voller Entrüstung: sie habe ihm Schande gemacht und sein Leben zerstört. Er kann ihr die Schuld, die sie aus Liebe zu ihm auf sich geladen hat, nicht verzeihen. Bürgerliche Konvention und Ehre stehen für ihn höher als Noras Liebe. Als sich das Blatt schließlich wendet und der Erpresser auf gutes Zureden seiner Jugendfreundin hin den verhängnisvollen Schuldschein zurückschickt, hat Nora sich gründlich gewandelt. Schonungslos ehrlich rechnet sie mit ihrem Mann ab. Jetzt muss sie ihren eigenen Weg gehen – hinaus aus dem Puppenheim, in dem sie für Helmer nur ein Spielzeug war, aber keine gleichberechtigte Partnerin." (www.theaterregensburg.de)

Die Inszenierung von Michael Bleiziffer (unaffektierte Regie mit überaus gelungenen Videoeinspielungen) und die schauspielerischen Leistungen, allen voran Michael Haakes (Helmer) und Silke Heises (Nora) verdienen höchstes Lob.

Von Matthias Edbauer







zurück